88 Stunden bis zum Schwarzen Meer

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Vize Weltmeister im Gasballonfahren


Die 63. Austragung des Coupe Aéronautique Gordon Bennett startete in diesem Jahr ab dem Regionalflugplatz Montbéliard im französischen Jura, für uns die 22. Teilnahme. Seit 2010 wird das Rennen auch als Langdistanz Weltmeisterschaft der Gasballone durchgeführt. Von der Schweiz waren am Start; SUI-1 Laurent Sciboz & Nicolas Tiéche, SUI-2 Kurt Frieden & Pascal Witprächtiger sowie SUI-3 Walter Gschwendtner & Max Krebs.

Meteorologische Verhältnisse sind perfekt

Die meteorologischen Bedingungen zeigten schon einige Tage vor dem Start hervorragend zu werden. In der Grundschicht eine Bisenlage (Nordostwind), welche Fahrten bis zum Atlantik ermöglichen sollte. Je näher der Start kam, umso mehr wurde jedoch klar, dass die weiteste Distanz nicht im Westen, sondern im Osten liegen würde. Mit dem Gasballon kann man bei optimalen Verhältnissen bis 90 Stunden in der Luft bleiben. Es ist somit keine Eile geboten, die richtige Wahl der Strategie ist wichtiger, als die Geschwindigkeit am Anfang des Rennens. Diese Strategie wird nicht nur im Korb ausgeheckt, die erfolgreichen Teams haben Meteorologen und Strategen sowie Fachleute aus der Flugsicherung am Boden welche das Wetter, die Fahrtroute und die Lufträume beobachten. Unser Team hat sich in vielen Jahren bewährt. Meteorologe Daniel Gerstgrasser gibt uns die Sicherheit auch heikle Wetterlagen einschätzen zu können, die Strategen Roman Hugi und Gian Marco Nacht rechnen ununterbrochen Trajektorien, um die Fahrtroute des Ballons vorauszusehen und die beste Fahrthöhe am Tag und in der Nacht zu ermitteln. Die Lufträume wurden in diesem Jahr von Corinne Nacht unter die Lupe genommen und wenn nötig hat sie mit der ATC telefoniert, um unsere Durchfahrt zu koordinieren. Eine wichtige Aufgabe, um nicht plötzlich vor einem geschlossenen Luftraum zu stehen.

In 88 Stunden quer durch Europa

Nach dem Start am Freitagabend blieben einige Ballon tief, um mit dem zügigen Nordostwind Richtung Atlantik zu steuern, so auch SUI-3. Unsere Strategie war klar, wir wollten ans Schwarze Meer und dazu mussten wir möglichst nach Norden kommen, was nur mit viel Geduld möglich war. Der Samstag stand im Zeichen des Wartens, zeitweise war die Geschwindigkeit unter 5 km/h und es stellte sich ein langsamer Bogen Richtung Nordosten ein. Mit der Nachtabkühlung am Abend liessen wir uns absinken um auf der Bodeninversion Ballastsparend Richtung Metz / Strassburg voran zu kommen. Unser Verfolgerteam im Auto; Jris Frieden, Roland Schuler und Bruno Steiner nutzten die Zeit, um bei unserem Headquarter in Turbenthal vorbeizuschauen und gemeinsam ein Fondue zu geniessen. Am nächsten Morgen drifteten wir dann, nach bereits 36 Stunden in der Luft, endlich in die gewünschte Richtung. Die Fahrt ging über Stuttgart München Wien in Richtung Budapest. Es zeigte sich, dass der Luftraum Budapest nicht umfahren werden konnte. Unser Team nahm telefonisch Kontakt auf und die wohlgesinnten Lotsen ermöglichten uns die TMA zu durchqueren. Unsere Fahrt führte direkt über die Millionenstadt Budapest und weiter auf FL 70 über den Flughafen Budapest mit 35 km/h dem Anflug entgegen. Kein Problem für die Fluglotsen und die Piloten der unter uns durchbrausenden Maschinen. Alles ging reibungslos und die letzte Maschine senkte auf Anweisung des Lotsen die Nase etwas mehr, um auch noch unter uns durch zu kommen. Ein eindrückliches Erlebnis und ein Beweis, dass VFR und IFR sehr wohl nebeneinander Platz haben. Es ging in die 4. Nacht und das für die letzten 7 Ballone, so viele wie noch nie in der über 100 jährigen Geschichte des Rennens. Wer würde als Sieger aus dem Rennen gehen? Die weiteste Strecke konnte am Donaudelta im Norden Rumäniens erreicht werden. Aber dort gab es nur wenige Landemöglichkeiten, das Meiste ist Sumpfgebiet und die Bergung des Ballons würde schwierig werden. wir entschieden uns deshalb für die zweitweiteste Strecke im Norden Bulgariens direkt an der Schwarzmeerküste. Mit zum Schluss noch 2 Ballonen im „Nacken“ mussten wir möglichst nahe an der Küste landen. Tagsüber gibt es am Boden immer einen thermischen Wind vom Meer in Richtung Küste, also entgegen unserer Fahrtrichtung. Eine Landung direkt an der Küste und somit die maximal mögliche Distanz wird nur möglich sein, wenn wir zuerst ein paar Kilometer ins Meer raus fahren, und dann mit dem Bodenwind zurückzukommen um direkt an der Küste zu landen. Unser Team war schon 1h vor uns im Landegebiet und konnte den Wind mit Pilot Ballonen ausmessen, was uns die Sicherheit zu diesem nicht ganz risikolosen Manöver verschaffte. Die Zuschauer zu Hause trauten ihren Augen nicht, als unser Track an der Küste nicht endete und im 2 Minuten Takt die Track Punkte aufs Meer hinausgingen. Mit dem Abstieg folgte eine sauber Kurve zurück zur 15m hohen Steilküste, wo wir nach 88 Stunden 33 Minuten und 1750 km Wettkampfdistanz sanft landeten. Die nachfolgenden Teams waren von unserer Aktion so beeindruckt, dass sie sich geschlagen gaben und ebenfalls zur Landung ansetzten.

Der Vize Weltmeister Titel und der Doppelsieg der Schweiz wurden Realität.

Fahrzeit: 88h 33 min
Wettkampfdistanz: 1’750 km
zurückgelegter Weg: 2’228 km
Max Höhe: 3’978 m.ü.M
Total Steigung 48’390 m

Das war nur möglich, Dank unserem Team, das unermüdlich die Wetterlage und den Rennverlauf im Auge behalten hat und uns sauber durch das Luftmeer geleitet hat. Wir freuen uns sehr über den Doppelerfolg und die verzögerte Durchführung in 3 Jahren in der Schweiz. Der Start wird 2022 in St.Gallen durchgeführt.

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